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Stellungnahme der Verwaltung VI/138a
(ohne Gewähr)

Stand: 09.06.00

TOP: Errichtung eines Kirchturms zur Pfarrkirche St. Alexander in Schmallenberg hier: Antrag auf Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens
1. Sachverhalt und Begründung:
Die für die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis maßgebenden Rechtsvorschriften des Denkmalschutzes einschließlich der dafür geltenden gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen sind in der Verwaltungsvorlage-Nr. 138 ausführlich dargestellt. Es wird insoweit darauf verwiesen.
Die Stadtvertretung hat in ihrer Sitzung am 24.02.2000 die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis zu der geplanten Ausführung des Kirchturms mit weißer Putzfassade (Bauantrag aus Januar 1999) behandelt. Sie hat dazu mehrheitlich beschlossen, die denkmalrechtliche Erlaubnis aus den in der Vorlage-Nr. 138 dargestellten Gründen nicht zu erteilen. Damit verbunden ist die Erwartung, dass die Katholische Kirchengemeinde St. Alexander Schmallenberg in ihrer Planung einem an dem bestehenden Denkmal orientierten steinsichtigen Wiederaufbau des Kirchturms Rechnung trägt.
a) Antrag zur Errichtung eines Kirchturms
(Bauantrag vom 17.01.1999 in der Form des Nachtrags vom 29.03.2000)
Nachdem die Stadtvertretung in ihrer Sitzung am 24.02.2000 den Beschluss gefasst hat, die denkmalrechtliche Erlaubnis für die beantragte Ausführung des Kirchturms mit weißer Putzfassade nicht zu erteilen, ist vom Bauherrn am 31.03.2000 ein Nachtrag zum Bauantrag eingegangen, der mit einer steinsichtigen Ausführung eine gestalterische Veränderung zum ursprünglich geplanten Kirchturmentwurf enthält. Bei diesem Nachtrag handelt es sich zwar auch um eine Neuerrichtung - er enthält aber Veränderungen in der äußeren Turmgestaltung, mit denen die denkmalpflegerischen Bedenken und Gründe des Denkmalschutzes, die der Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis bisher entgegenstehen, ausgeräumt werden sollen.
Der Nachtrag, der in der Sitzung der Stadtvertretung am 06.04.2000 vorgestellt worden ist, enthält gegenüber dem ursprünglichen Kirchturmentwurf im wesentlichen folgende Veränderungen in der Turmgestaltung:
•   steinsichtige Errichtung des Kirchturms (Verblendung mit Bruchsteinen);
•   Errichtung eines Stufensockels aus Werksteinen, die sich in den Bandgesimsen, den Fenstergewänden und den Schallukenumrahmungen wiederholen sollen (dabei sollen soweit wie möglich die vorhandenen Werksteine des alten Turms zur Verwendung kommen);
•  Eindeckung des Turmhelms mit Fredeburger Naturschiefer;
•  Erweiterung der Turmhöhe von 46,20 m auf 49,50 m;
•  Verringerung der Turmverjüngung von 1 cm/m auf 0,5 cm/m (Breite auf Fundamentebene 7,60 m - Breite auf Glockenstuhlebene 7,26 m);
•  veränderte Anordnung der vertikalen Lichtöffnungen, so dass diese die Bandgesimse nicht mehr durchbrochen;
•  Verzicht auf das Anbringen von Skulpturen in der Höhe der Schalluken zum gegenwärtigen Zeitpunkt;
•  Verzicht auf die Verbindungstür vom Vorhof des Turms in das östliche Seitenschiff der neuromanischen Pfarrkirche.
Die unveränderten Planungselemente wie der Standort des Turms und die Errichtung eines Verbindungsgangs mit einer Tür in die romanische Kirche werden vom Bauherrn technisch bzw. liturgisch begründet und beibehalten.
Das Westfälische Amt für Denkmalpflege ist um fachliche Prüfung des Nachtrags und um Mitteilung gebeten worden, ob die veränderte Planung der steinsichtigen Kirchturmausführung erlaubnisfähig ist. Ferner wurde das Fachamt zur Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis um Benehmensherstellung gem. § 21 Abs. 4 DSchG NW gebeten, sofern dem Gründe des Denkmalschutzes nicht mehr entgegenstehen.
Die Fachbehörde hat mit Schreiben vom 04.05.2000 folgendes mitgeteilt:
„...  mit dem  Nachtrag zum  Bauantrag  des  Kirchturms St.  Alexander haben wir uns fachlich auseinandergesetzt. Die geänderte Planung ist aus denkmalrechtlicher Sicht erlaubnisfähig, allerdings bedürfen folgende Aspekte noch einer fachlichen Erörterung und anschließenden Übernahme in Ihren denkmalrechtlichen Erlaubnisentwurf als Auflagen im Rahmen der Benehmensherstellung:
1.   Die Wiederverwendung des alten geborgenen Steinmaterials oder die Auswahl neuen Steinmaterials für die Natursteinverblendung des Turms ist im Detail noch abzustimmen.
2.  Der Durchbruch durch die nördliche Langhauswand des romanischen Baus zwecks Erstellung einer direkten Verbindung zwischen Kapelle im Turm und Kirchenbau des 13. Jahrhunderts hat liturgische Gründe. Diese Gründe sind in dem Konzept des Architekten vom Januar 1998 nachvollziehbar dargelegt. Ihre Güterabwägung, nach der der Religionsausübung in diesem Falle der Vorrang vor dem Denkmalschutz einzu-räumen ist, können wir fachlich mittragen.
3.   Aus den im  März 2000 vor Ort vom Architekten vorgetragenen Äußerungen zum Standort des Turmes in 4 m / bzw. 6 m Abstand zum denkmalgeschützten Bestand ging argumentativ hervor, dass diese Abstände auf der statischen Beurteilung des Büros Polonyi/Köln und Miksch und Partner/Düsseldorf basieren. Diese Abstände gewährleisten den Schutz der historischen Bausubstanz vor etwaigen negativen Auswirkungen der Gründung des neuen Turmbauwerks. Sollten Sie als Untere Denkmalbehörde der Meinung sein, dass die neue Turmkonstruktion aus städtebaulichen Gründen näher an die alte Substanz herangerückt werden muss, so wäre im Vorfeld durch entsprechende Gutachten auszuschließen, dass diese Positionierung Schäden für den denkmalgeschützten Bestand hervorruft...."
Das Westfälische Museum für Archäologie, Amt für Bodendenkmalpflege, hat bereits mit Stellungnahme vom 23.02.1999 mitgeteilt, dass gegen die geplante Baumaßnahme keine grundsätzlichen Bedenken bestehen. Da aber davon auszugehen ist, dass bei den Erdarbeiten Bestattungen und eventuell auch andere Reste der älteren Bebauung gefunden werden, beabsichtigt das Amt für Bodendenkmalpflege eine baubegleitende archäologische Untersuchung durchzuführen, um dadurch Rückschlüsse zur älteren Topographie der Stadt Schmallenberg zu gewinnen.
Da mit dem Nachtrag der beantragte Kirchturmentwurf erlaubnisfähig geworden ist, hat der Bauherr gem. § 9 Abs. 2 Buchst, a) DSchG NW einen Anspruch auf die Erteilung der denkmalrechtlichen Erlaubnis. Das Denkmalschutzgesetz räumt der Unteren Denkmalbehörde bei dieser Entscheidung keinen Ermessensspielraum ein. Die denkmalrechtliche Erlaubnis ist damit zu erteilen.

b) Antrag zur Schließung der Abbruchstelle des alten Kirchturms, Instandsetzungsmaßnahmen an den Kirchenschiffen (Bauantrag vom 29.03.2000)
Nach dem Abbruch des Kirchturms der Pfarrkirche St. Alexander sind an der Abbruchstelle zunächst nur provisorische Sicherungsarbeiten durchgeführt worden. Da nach den Planungen des Bauherrn der neue Kirchturm nicht mehr an dem alten Standort errichtet werden soll, beabsichtigt er, mit entsprechenden Baumaßnahmen die Kirchenschiffe wiederherzustellen. Der Bauherr wertet dies als den II. Bauabschnitt der vollzogenen Abbrucharbeiten und hat dazu ebenfalls die Baugenehmigung einschl. der denkmalrechtlichen Erlaubnis beantragt. Ferner sollen notwendige Instandsetzungsmaßnahmen an den Kirchenschiffen und deren Verfügung durchgeführt werden.
Die Schließung der Abbruchstelle des alten Kirchturms soll so ausgeführt werden, dass die Kirchenschiffe entsprechend dem vorhandenen Bestand/Vorbild wiederhergestellt werden. Dabei soll die Wiederherstellung des östlichen, neuromanischen Kirchenschiffes grundsätzlich symmetrisch und spiegelbildlich zum vorhandenen westlichen Kirchenschiff erfolgen. Es ist geplant, soweit wie möglich dazu die vorhandenen Natursteine und Sandsteingewände zu verwenden.
Vor der Antragstellung hat der Bauherr diese Maßnahmen der Unteren Denkmalbehörde und dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege bei einem Ortstermin vorgestellt und erläutert.  Das Westfälische Amt für Denkmalpflege hat dabei angekündigt,  dass gegen diese Maßnahmen keine denkmalpflegerischen Bedenken bestehen. Mangels eines Ermessensspielraums wäre damit auch hierfür die denkmalrechtliche Erlaubnis zu erteilen.
Im Rahmen der kontroversen Diskussion zu den unterschiedlichen Planentwürfen der Rekonstruktion und Neuerrichtung hat der Bauherr überwiegend finanziell und technisch für seine Neuplanung und damit gegen die Rekonstruktion argumentiert. Um in dieser Diskussion eine vergleichende und objektive Gegenüberstellung der unterschiedlichen Planentwürfe zu erreichen, beauftragten die Stadt Schmallenberg und das Ministerium für Arbeit Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes NW das Düsseldorfer Architekturbüro Miksch + Partner mit einer technischen Kostenüberprüfung.

Die Begutachtung hat ergeben, dass sowohl die Kosten der Rekonstruktion als auch die des oben dargestellten steinsichtigen Turms weniger als 3 Millionen DM betragen. Mit der großen Spendenbereitschaft der Bevölkerung, der angekündigten Förderbereitschaft des Landes NW und des grundsätzlich positiven Beschlusses der Stadtvertretung zur Bereitstellung von städtischen Haushaltsmitteln vom 10.02.1999 ist die steinsichtige Errichtung für den Bauherrn finanzierbar geworden.
Ebenso wurde mit dem Gutachten festgestellt, dass eine Rekonstruktion auch nach den geltenden technischen Regeln möglich ist. Technische Argumente dürften ihr ebenso nicht mehr entgegenstehen. Trotz dieser gutachterlichen Feststellungen und dem intensiven schriftlichen und mündlichen Einsatz für eine Rekonstruktion, wird die Neuplanung vom Bauherrn beibehalten. Zur Umplanung in Richtung der Rekonstruktion gibt es keine Bereitschaft. So haben der Bauherr und die Vertreter des Generalvikariats zuletzt bei einem Gespräch am 17.05.2000 in Paderborn gegenüber dem Bürgermeister und dem Fraktionsvorstand der CDU deutlich gemacht, dass die Bauherrschaft bei ihnen liegt und nicht bei der Stadt Schmallenberg. Ferner haben sie vorgetragen, dass die jetzige Planung auf einer Entscheidung des Kirchenvorstandes beruht und vom Erzbischöflichen Generalvikariat aufsichtsbehördlich genehmigt ist. Es wurde kein Zweifel daran gelassen, dass ein auf der Grundlage des Denkmalrechts bestehender Genehmigungsanspruch auch gerichtlich durchgesetzt würde. Dies betreffe aus Kostengründen den weiß verputzten Turm. Zum steinsichtigen Kompromiss könne es nur bei der angekündigten Kostenübernahme der Mehrkosten durch die Stadt und das Land NW kommen, welche mit Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport des Landes NW vom 09.02.1999 grundsätzlich zugesagt worden ist. Die Stadtvertretung hat mit Beschluss vom 10.02.1999 bereits grundsätzlich beschlossen, „...für den Fall,   dass vom Land Nordrhein-Westfalen Städtebaufördermittel für einen an dem bestehenden Denkmal orientierten steinsichtigen Wiederaufbau des Kirchturms der Katholischen Kirche St. Alexander Schmallenberg bereitgestellt werden, städtische Ergänzungsmittel zur Abdeckung des Differenzbetrags zu den Kosten der bisher vom Kirchenvorstand geplanten Bauausführung verfügbar zu machen". Im Rahmen der Haushaltsplanberatung 2000 sind die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt worden.
Da sich die Rekonstruktion in Abstimmung mit dem Westfälischen Amt für Denkmalpflege und der Obersten Denkmalbehörde denkmalrechtlich nicht fordern und durchsetzen lässt, kann die Erlaubnisfähigkeit der vorstehenden Anträge nunmehr nur noch rein rechtlich geprüft und entschieden werden.

2. Beschlussvorschlag:
Der Bezirksausschuss Schmallenberg und der Kulturausschuss der Stadt Schmallenberg schlagen der Stadtvertretung vor, folgendes zu beschließen:
a) Entsprechend dem Erlaubnisanspruch des Bauherrn wird die denkmalrechtliche Erlaubnis zur Errichtung des beantragten steinsichtigen Kirchturms (Bauantrag vom 17.01.1999 in der Form des Nachtrags vom 29.03.2000), sowie zur Schließung der Abbruchstelle des alten Kirchturms und zu den Instandsetzungsmaßnahmen an den Kirchenschiffen (Bauantrag vom 29.03.2000) gemäß der Stellungnahme des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege vom 04.05.2000 erteilt.

b) Bei der Gewährung einer Landeszuwendung zu den Mehrkosten der steinsichtigen Errichtung des beantragten Kirchturmentwurfs wird die Förderung bis zur Höhe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel (2000: 735.000,00 DM; VE 2001: 735.000,00 DM) gewährt.